03.11.2022 | Am Donnerstag reihten sich die Metallerinnen und Metaller der Frühschicht von Siemens Chemnitz in die erste Warnstreikwelle ein. Dabei ist es gute Tradition, dass sich die Beschäftigten der verschiedenen Chemnitzer Siemens Standorte zu ihrem Warnstreikauftakt vor dem Haupteingang in der Clemens-Winkler-Straße treffen.
Dort stehen mittlerweile zwei rote IG Metall Pavillons. Aus den aufgebauten Lautsprechern ertönt bereits Musik. Und die Blicke der Aufbauhelfer landen ab kurz vor halb Neun immer öfter an der geschlossenen Tür des Haupteinganges.Von Nervosität ist draußen wenig zu spüren. Und spätestens ab 8:30 Uhr weiß man auch warum. Die automatisch öffnende bzw. schließende Tür geht minutenlang nicht mehr zu. Eine bzw. einer nach dem Anderen tritt zum Warnstreik heraus und lässt die Arbeit für mehr als eine Stunde ruhen.
„Auf die Metallerinnen und Metaller von SIEMENS war in den letzten Tarifrunden immer verlass. Von daher wussten wir, dass es auch heute mit der befristen Arbeitsniederlegung klappt. Wir wussten, dass wir uns auf euch verlassen können. Eure Vertrauensleute haben im Vorfeld einen guten Job gemacht. Und den allerletzten Anstoß haben offensichtlich die Arbeitgeber mit ihrem bisher mickrigen Angebot geliefert“, rief Mario John, 1. Bevollmächtigter der IG Metall Chemnitz, den zweihundert Warnstreikenden zu.
Kollege John führte aus, dass es die Beschäftigten waren, die den Laden am Laufen gehalten haben. Er erinnerte daran, dass sich seit März 2020 unterschiedliche Krisen aneinandergereiht oder sogar überlagert hätten. Ob mit Abstand, mit Mund-Nasen-Bedeckung, erst in Kurzarbeit und dann wieder volle Hütte. Die Beschäftigten hätten das mit einer hohen Flexibilität gemeistert. Dafür gehöre in ihnen auch Respekt und Dank und den speise man nicht mit einer Einmalzahlung ab.
Kollege Häßler zitierte in seiner Rede den Firmengründer Werner von Siemens (geb. 1829, verst. 1906) mit folgenden Worten: „Mir würde das verdiente Geld wie glühendes Eisen in der Hand brennen, wenn ich treuen Gehilfen nicht den erwarteten Anteil gäbe. Es würde auch nicht klug von uns, sie leer ausgehen zu lassen im Augenblicke großer neuer Unternehmungen.“
An dieses inspirierende Zitat müsse man die Arbeitgebervertreter hin und wieder erinnern. Die Auftragslage bei Siemens ist sehr gut. Es gibt also keinen Grund für die Arbeitgeber, nicht auf die berechtigte Forderung der Beschäftigten mit einem verhandlungsfähigen Angebot zu reagieren.
Die Botschaft der Metallerinnen und Metaller war eindeutig. In einem kleinen Sprechgesang rief die eine Seite der Warnstreikenden „Acht Prozent!“ und die andere Seite antworte mit „Darunter keinen Cent!“. Damit machten sie deutlich, dass es einen Abschluss in dieser Tarifrunde nur über eine ordentliche tabellenwirksame Erhöhung geben kann. Und so lange da von den Arbeitgebern da nichts auf dem Tisch liegt, könnte es in dieser Tarifbewegung immer wieder zu Produktionsausfällen kommen.
Hintergrund:
Die IG Metall fordert für die knapp 300 000 Beschäftigten der Metall- und Elektroindustrie im
IG Metall Bezirk Berlin Brandenburg Sachsen eine Erhöhung der Entgelte und Ausbildungsvergütungen um acht Prozent bei einer Laufzeit von zwölf Monaten. In drei Verhandlungsrunden haben die Arbeitgeber kein verhandlungsfähiges Angebot vorgelegt. Die Friedenspflicht endete am 29. Oktober um 0.00 Uhr.